Provident Fund

(keine Präsentation, nur erste Gedanken)

 

Der "Friendly Societies Provident Fund" ist ein dezentrales selbstverwaltetes Sozialversicherungs-System auf Gegenseitigkeit und Eigenverantwortung.

 

EnglishDeutsch

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung und Motivation

Ziel ist es, Bewohnern ohne staatlichem Sozialsystem eine soziale Absicherung zu ermöglichen.

Der Autor hat dies als Entwurf für einen Vorschlag an Mitglieder der "Friendly Societies" (Friendly Liberland, Friendly Prospera). Es könnte auch als erste Grundlage für eine allgemeine Sozialversicherungslösung auf Grundlage von Gegenseitigkeit und Eigenverantwortung dienen. Bei Interesse freuen wir uns über Gedankenaustausch und Zusammenarbeit (Kontakt).

Aufbau

Der Friendly Societies Provident Fund besteht aus den drei Bausteinen Sparen, Versichern, Spenden:

  1. Ein Sparplan zum privaten Vermögensaufbau, u.a. für Einkommen im Ruhestand, bei Arbeitslosigkeit oder Krankheit.
  2. Eine Versicherung auf Gegenseitigkeit nach dem Kapitaldeckungsverfahren für die Bereiche Krankheit, Unfall, Pflege, Erwerbsunfähigkeit u. ggf. Todesfall (Witwen u. Waisen).
  3. Ein freiwilliges Spenden-System für die Armen und Notleidenden, als Alternative zu staatlichen Umverteilungssystemen.

1. Grundzüge des Sparplans

Jeder Teilnehmer spart kontinuierlich einen bestimmten Teil seines Einkommens in einem persönlichen Konto. Dieses Konto kann beim Provident Fund geführt werden, aber auch bei jedem anderen Anbieter. Die Mittel werden kapitalbringend angelegt und das Konto besitzt Pfändungsschutz. Ziel ist der Aufbau von privatem Vermögen für:

2. Grundzüge der Versicherung

Ziel ist ein für möglichst viele Teilnehmer leistbares Sozialversicherungs-System. D.h. es wird nur eine Mindestversorgung angestrebt.

Diese Mindestversorgung kann auch als Basisdeckung für eine darüber hinausgehende individuelle Versorgung dienen.

Die Versicherungsleistungen dienen zur Abdeckung finanzieller Risiken im Ernstfall. Sie sind nicht als gemeinschaftliche allgemeine Ausgabenkasse gedacht. D.h. sie kommen erst bei Ereignissen ab einer bestimmten Größe zum tragen (z.B. eigene Kosten medizinischer Versorgung über x € in Summe innerhalb z.B. der letzten 12 Monate).

Im ersten Schritt umfasst die Versicherung lediglich die Bereiche Krankheit und Unfall.

Für Pflege, Erwerbsunfähigkeit u. ggf. Todesfall (Witwen u. Waisen) wird vorerst ein Versicherungspartner für eine Gruppenversicherung oder für rabattierte Einzeltarife gesucht.1

Kumul- u. Großrisiken werden bei einem Rückversicherer gedeckt.

Kranken- und Unfall-Versicherung

Das Prinzip ähnelt dem von "Homo Socialis"2; bitte zuerst dort weiterlesen bei "Konzept".

Bei den Mitgliedern handelt es sich ausschließlich um Teilnehmer des Provident Funds der Friendly Societies bzw. Libertarian Societies, mit der Umsetzung als Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit statt gegenseitiger Hilfe bei Notfällen. Die Privatsphäre der Teilnehmer bleibt streng geschützt, durch Pseudonymisierung der Mitglieder und Nutzung der dort beschriebenen "verschlossenen Boxen". Der dortige "finanzielle Topf" entspricht dem Deckungskapital3 der Krankenversicherung, getrennt von den Schadensrückstellungen. Die Alterungsrückstellungen bleiben bei den Teilnehmern (siehe unten).
Größter Unterschied zu Homo Socialis ist, dass die monatlichen Beiträge nicht für alle einheitlich sind, sondern sie sich dynamisch dem Risikoprofil ihrer jeweiligen Teilgruppen wie Altersgruppe u. ggf. Geschlecht anpassen.

Anreize

Exkurs: Im Idealfall ist bei einem Handel die Person welche ein Produkt oder eine Dienstleistung erhält zugleich auch jene welche dieses Produkt oder Dienstleistung bezahlt. Hat hingegen ein Dritter die Kosten zu tragen, mindert dies die Anreize effizient zu handeln. Dem soll auf zweierlei Weise entgegengewirkt werden.

Einerseits durch eine spürbare anteilige (ggf. regressive) Selbstbeteiligung aus dem eigenen Sparkonto und andererseits indem die Teilnehmer/Versicherungsnehmer zugleich Versicherer/Risikoträger sind. Sie sind direkt anteilig Einzahler sowie Eigentümer des Deckungskapitals und erhalten dieses (nicht die Schadensrückstellungen) bei Austritt/Kündigung (evtl. inkl. Kapitalerträgen) wieder zurück. Dies erlaubt zugleich relativ hohe Sicherheitsmittel/Solvabilität ohne Wettbewerbsnachteil.

Wie bei "Homo Socialis", werden Leistungen im Schadensfall von einer kleinen (jeweils neu, automatisch und zufällig gebildeten) Jury aus den Mitgliedern freigegeben bzw. abgelehnt. Dies verstärkt unter den Teilnehmern die Wahrnehmung der Gegenseitigkeit, der Eigentümerschaft sowie der Eigenverantwortung. Zugleich können sich so die Art und Umfang der Leistungen den Bedürfnissen der Mitglieder anpassen. Die Jury kann standardmäßig oder je nach Fall erst bei Bedarf die Stellungnahme eines Sachkundigen anfragen (z.B. kurze Meinung eines Arztes per E-Mail welcher für solche Aufgaben mit dem Provident Fund zusammenarbeitet od. dgl.). Wie oben beschrieben, handelt es sich bei den Leistungen um die Absicherung finanzieller Risiken, nicht um eine allgemeine Ausgabenkasse, d.h. um eher seltenere Fälle und nicht um den gewöhnlichen Arztbesuch.
Der Bewilligungsvorgang zwischen den Betroffenen und der Jury erfolgt von beiden Seiten pseudonymisiert. Es ist sichergestellt, dass kein einzelnes Mitglied die Versicherungsfälle dessen Mitgliedern zuordnen kann, wohl aber dass diese Daten offengelegt und zugeordnet werden sofern eine Mindestzahl an Mitgliedern dies für notwendig erachtet und fordert (siehe Vorgehen wie "verschlossene Box" und Jury bei "Homo Socialis").

Um den Wettbewerb unter den Gesundheitsdienstleistern zu fördern sowie Preise transparent und vergleichbar zu machen, wird den Mitgliedern die Nutzung von (ggf. konkreten) Vergleichs-Portalen nahegelegt.

Alterungsrückstellungen

Die zu zahlenden Versicherungsbeiträge entsprechen immer den versicherungsmathematischen Risiken, wie vor allem dem Alter. Dies bewirkt in jungen Jahren eher niedere und im fortgeschrittenen Alter sehr deutlich höhere Beiträge (siehe Anhang).

Um dies auszugleichen, bildet jeder Teilnehmer eigene Alterungsrückstellungen in seinem persönlichen Sparkonto. Die Alterungsrückstellungen sind daher unabhängig vom Provident Fund und können bei Anbieterwechsel mitgenommen werden.

Abwanderung der Gesunden

Schäden bzw. Leistungen werden aus dem Deckungskapital bezahlt und daraus auch Schadensrückstellungen für Folgekosten gebildet. Ein austretendes Mitglied erhält nur sein anteiliges Deckungskapital zurück; Schadensrückstellungen bleiben bei den Teilnehmern und sollen bereits eingetretene Schäden abdecken. D.h. als Mitglied kann ich die Zahlung eingetretener Schäden nicht durch Austritt umgehen.

Dennoch wird es kommen, dass eine kleine Gruppe an eher kränkeren ("teureren") Menschen sichtbar wird und diese einen bleibenden Teil der laufenden Kosten, d.h. der Beitragshöhe, bildet.

Rationale Mitglieder müssten demnach die Versicherung verlassen und unter sich gesunden Teilnehmern eine neue Krankenversicherung gründen, so lange, bis sich darin erneut die erste kränkere Gruppe bildet und dann nochmals weiterziehen, bis ... usw.

In einer Gruppe in der einigen ständig teure Luxus-Behandlungen gewährt werden, habe ich die Möglichkeit auszutreten um mit anderen eine neue Versicherung zu gründen. In dieser werden die Mitumsteiger mir und anderen dann allerdings wahrscheinlich keine Luxus-Behandlungen gönnen. Dies könnte allen passen und ein neues stabiles System bilden.

In einer Gruppe in welcher es auch Menschen mit dauerhaft schlimmen Krankheiten gibt, kann ich ebenfalls austreten und mit noch gesunden Gleichgesinnten eine neue Versicherung gründen. Ich und alle anderen müssen dann aber befürchten, selber im Krankheitsfall zurückgelassen zu werden.

Das Gleichgewicht ist vermutlich dann erreicht, wenn es sich bei den laufenden Kosten der eher kränkeren Mitglieder um jene Leistungen handelt, auf welche man im Schicksalsfall auch selber angewiesen ist. Eine Versicherungsgruppe welche zwar teurer ist, aber beweist dass es die mir wichtige Absicherung auch gewährt sowie bewältigt, wird attraktiver sein, als eine preiswertere welches dies nicht bieten kann.

Bei einer Beschränkung auf eine möglichst preiswerte Mindestversorgung (wie zu Beginn gefordert), dürfte man eher nahe bei einem solchen Gleichgewicht liegen.

Ein solches Gleichgewicht fordert auch, dass sich die Beitragshöhe nahe dem Marktpreis der Risikoabsicherung befindet. Wäre z.B. die Beitragshöhe einheitlich, auch für Gruppen welche sich im Risiko sehr stark unterscheiden (z.B. Alter, siehe Anhang), dann wäre eine Abwanderung/Neugruppenbildung rational und zugleich stabil.

Für den Ausgleich zwischen jung und alt sorgen die Alterungsrückstellungen. Ein Ausgleich zwischen arm und reich, vom Leben begünstigt oder benachteiligt, etc., lässt sich nicht über erzwungene Preise in einem freiwilligen Netzwerk erreichen - sehr wohl aber über freiwillige Solidarität, Mitgefühl und Wohltätigkeit (siehe Spenden-System).

3. Grundzüge des Spenden-Systems

Teilnehmer am Provident Fund können in einen Topf spenden, welcher anderen Teilnehmern zu Gute kommt die sich in einer Notlage befinden oder wegen deutlicher Armut kämpfen müssen.

Betroffene können eine Hilfs-Bitte an eine Jury bestehend aus Mitgliedern des Provident Funds senden, welche dann darüber entscheidet.

Die Teilnahme am Spenden-System ist freiwillig, allerdings wird es unter den Mitgliedern zum Anstand gehörend gesehen, mindestens 4,6% der persönlichen Jahresausgaben zum Wohl der Ärmsten zu spenden (4,6% entsprechen lediglich symbolisch der durchschnittlichen Geldentwertung4 eines Jahres). Jene die sich an diesem Spenden-System beteiligen, erhalten ein Spenden-Zertifikat und können sich so vor allen anderen als "freiwillig-solidarisches Mitglied ihrer Friendly Society" zeigen. Dies können sie online sichtbar machen und so vor anderen als Vorbild dienen. Bei den Spendern handelt es sich um Mitglieder des Provident Funds bzw. der Friendly Societies und eine einfache jährliche Mitteilung mindestens 4,6% gespendet zu haben, wird genügen - dies wird i.d.R. weder kontrolliert noch muss es belegt werden.

Ziel ist, dass der freiwillige Spendentopf ausreicht um den Ärmsten innerhalb der Provident Fund Teilnehmer helfen zu können. Sollte dies zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Topf nicht möglich sein, dann wird die Jury für die betreffende Person eine Nachricht an alle Provident Fund Teilnehmer senden und um Hilfe bitten.

Der Autor glaubt an eine natürliche Solidarität der Menschen. Sollten trotzdem Mitglieder, die wegen unglücklicher Lebensumstände in Not oder Armut geraten sind, nur aus mangelnder Spendenteilnahme leiden, so werden diese vor den Augen aller leiden - und die Idee freiwilliger Spenden statt staatlicher Umverteilung wird sich dann als Utopie erwiesen haben.

Zusammengefasst, das Kleingedruckte groß geschrieben

Eine große Spardisziplin ist notwendig – spürbare Selbstbeteiligung im Schadensfall – keine Garantie oder Rechtsanspruch auf Leistungen – trotzdem Spendenbereitschaft gefragt – Auseinandersetzung mit Menschen und Gruppen ist notwendig.

Die Teilnahme in einer Gemeinschaft der Friendly Societies ist nicht für jeden geeignet.

Anhang

Ausblick

Bei Bedarf könnte der erste Schritt mit einer kleinen Test-Gruppe sogar innerhalb nur weniger Tage und bloß mittels "Papier und Stift" erfolgen.

Von Beginn an soll daran gearbeitet werden, auch verschiedene Gruppen der Friendly Societies einbeziehen zu können oder zu kooperieren, sowie weite Teile mittels Smart Contracts (z.B. Bitcoin/RSK) und DAO zu dezentralisieren und automatisieren, und ggf. auch die Nutzung von Bitnation Pangea.

Falls andere Anbieter oder Projekte ähnliche Provident Funds entwickeln, möchten wir (wo sinnvoll) gemeinsam an offenen Standards arbeiten.

Durchführbarkeit

Im Folgenden einige Überlegungen um die Umsetzbarkeit der oben genannten Ziele abschätzen zu können.

Sparplan und Rendite

Der Erfolg eines Sparplans hängt u.a. von den vier Faktoren ab, 1. wieviel regelmäßig gespart wird, 2. noch mehr, welche Rendite erreicht wird, 3. noch viel mehr, wie viel Zeit man hat bzw. wie früh man beginnt und 4. am aller meisten, von der Disziplin.

Exkurs: Die Höhe der zu erwartenden Rendite ist ungewiss und kann nicht aus der Vergangenheit abgeleitet werden. Es lassen sich maximal Bereiche festlegen außerhalb derer eine Rendite als unplausibel gilt.
Jeremy Siegel, Professor of Finance an der Wharton School, spricht im seinem Buch "Stocks for the Long Run" von einer Realrendite von 6,5-7% p.a. während der letzten 200 Jahre. Dies allerdings gültig für eine Anlage überwiegend in den USA - d.h. bei Auswahl eines Landes während einer Periode in der sich dieses in vielerlei Hinsicht zu einer Weltmacht entwickeln konnte. Eine langfristige Realrendite von über 6,5% p.a. kann vermutlich als unplausibel gelten.
William N. Goetzmann und Philippe Jorion von der Yale School of Management kamen in der Untersuchung "A Century of Global Stock Markets" bei einem Vergleich von 39 Ländern während etwa 1920-1996 zu einem Median von 1,5% p.a. Realrendite. Eine langfristige Realrendite von über 1,5% p.a. kann vermutlich als plausibel gelten.
Obige Beispiele betrafen eine reine Aktienanlage, was nicht für jeden Zeithorizont und nicht bei jeder Marktbewertung5 sinnvoll sein wird. An dieser Stelle könnte das von Harry Browne und Craig Rowland, J. M. Lawson betrachtete Konzept "The Permanent Portfolio" erwähnt werden. Dieses erlaubt einen Anlagestil welcher zu einem guten Teil unabhängig von der wirtschaftlichen Lage und aktuellen Marktbewertung ist und für die USA im Zeitraum 1972-2011 eine Realrendite von 4,9% p.a. ergab.

Im Folgenden wird zur Illustration eine Realrendite von 2%, 3%, 4% p.a. gewählt. Alle Geldeinheiten beziehen sich auf den Betrachtungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Geldentwertung.

Einkommen im Ruhestand

Wie viel muss ich für eine Mindestrente sparen?

Für eine grobe Einschätzung soll folgendes angenommen werden: eine angestrebte Rente von 777 €/Monat6 – mit laufend angepassten/steigenden Raten bei Ein- u. Auszahlung gemäß der allgemeinen Preissteigerung – Rentenbeginn im Alter von 68 Jahren7 – Veranlagung mit einer Realrendite von 2%, 3%, 4% p.a. – eine Lebenserwartung von 77 (Männer) bzw. 82 (Frauen) Jahren8.

Die Linien in der Grafik zeigen nicht wieviel man in jedem Lebensalter sparen muss. Sie zeigen, abhängig davon in welchem Lebensalter man mit dem Sparen beginnt, man ab diesem Zeitpunkt (nur laufend an das allgemeine Preisniveau angepasst) konstant monatlich sparen muss, um im Alter von 68 Jahren eine Rente von 777 €/Monat bis zur durchschnittlichen Lebenserwartung zu erhalten.

Die Grafik zeigt keine Preise für konkrete Rentenversicherungsprodukte. Sie soll ermöglichen abzuschätzen, in welcher Größenordnung sich die Sparbeiträge für eine private kapitalbasierte Mindestrente befinden. Die Grafik macht deutlich, dass bei Beginn vor dem Teenager-Alter schon sehr kleine Beträge ausreichen, dass mit monatlich etwa 200 € sogar ein Beginn im Alter von 40 Jahren auch für Frauen noch realistisch ist, dass aber ab dann die notwendigen Beträge sehr schnell ansteigen. Nicht zu vergessen, es handelt sich hier nur um eine Mindestrente von theoretisch 777 €/Monat und um keine Komfortrente.

Natürlich sind die individuellen Lebenserwartungen nicht bekannt und eine Planung auf individueller Ebene damit nur begrenzt möglich. Ein sogenannter "Tontine" Plan könnte hier eine interessante Lösung bieten.

Krankenversicherung

Wie viel muss ich zahlen bei einer Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit?

Einen ersten Anhaltspunkt können z.B. die Krankheitskosten pro Einwohner in Deutschland9 liefern.

Deutlich ist, dass die Krankheitskosten sehr stark mit dem Alter ansteigen. Sie sind bei den über 85 Jährigen mit 1.436 €/Monat für Männer und 1.741 €/Monat für Frauen gut 6 mal so hoch bzw. jene der 65-85 Jährigen mit 708 €/Monat für Männer und 685 €/Monat für Frauen etwa 3 mal so hoch wie für jene der 30-65 Jährigen mit durchschnittlich 229 €/Monat für Männer und 270 €/Monat für Frauen.

Ohne Sparvermögen wird es einem durchschnittlichen Rentner vermutlich schwer fallen, eine dafür notwendige Versicherungsprämie bezahlen zu können bzw. ohne Versicherung im Krankheitsfall die verursachten Kosten.

Bei einer privaten Krankenversicherung welche nach dem so genannten Kapitaldeckungsverfahren arbeitet, übernimmt die Alterungsrückstellung die Aufgabe von diesem Spartopf. In jungen Jahren zahlt man mehr als notwendig und spart so parallel einen Topf für spätere Jahre, aus welchem man die dann hohen Kosten mitbezahlt ohne die laufenden Beiträge entsprechend erhöhen zu müssen.

Die folgende Grafik zeigt, wie hoch die monatlichen Beiträge bis zum Alter von 68 Jahren theoretisch sein müssten, wenn man im Alter von x Jahren beginnt, um sowohl die aktuellen Krankheitskosten zu decken und zugleich genügend anspart um später die Beiträge nicht (nur im Rahmen der allgemeinen Preissteigerung) erhöhen zu müssen. D.h. die monatlichen Beiträge bleiben ab dem Zeitpunkt des Beginns real konstant, müssen nur bis zum 68sten Lebensalter (Ruhestand) eingezahlt werden, und die bis dann gebildete Alterungsrückstellung reicht aus, um bis zur durchschnittlichen Lebenserwartung (plus einer 10% Wahrscheinlichkeit 10 Jähre älter zu werden) alle Krankheitskosten wie jene in Deutschland abdecken zu können. (Umwandlung der bis zum Tod stark steigenden Ausgaben in eine Real-Annuität bis zum Rentenbeginn.)

Die Grafik zeigt keine Preise für konkrete Krankenversicherungsprodukte. Sie soll ermöglichen abzuschätzen, in welcher Größenordnung sich die Beiträge für eine private kapitalbasierte Krankenversicherung befinden. Ähnlich wie beim Rentensparplan macht die Grafik deutlich, dass bei Beginn vor dem Teenager-Alter schon kleine Beträge ausreichen, dass mit monatlich etwa 550 € ein Beginn im Alter von 40 Jahren auch für Frauen noch realistisch ist, dass aber ab dann die notwendigen Beträge sehr schnell ansteigen. Z.B. 330 € für einen 30-jährigen beginnenden Mann oder 550 € für eine 40-jährige beginnende Frau erscheinen nicht wenig, betragen bei einem Brutto-Median-Einkommen von 2990 € (für Arbeitnehmer in Deutschland 2014)10 trotzdem lediglich 11% bzw. 18% sofern man keine Ausgaben für eine staatliche Krankenversicherung nach dem Umlageverfahren hat.

Den größten Vorteil haben jene, die möglichst frühzeitig von einem Umlageverfahren auf ein Kapitaldeckungsverfahren umsteigen können bzw. schon in einem solchen aufwachsen. Nicht geeignet ist ein Kapitaldeckungsverfahren (sowohl bei der Rente wie auch bei der Krankenversicherung) für Leute welche erst spät beginnen können oder ihre Planung zu lange hinauszögern oder das Sparen mit zu wenig Disziplin umsetzen.

Um es nochmal zu verdeutlichen, die Linien zeigen nicht die Beitragshöhe in jedem Lebensalter, sondern jenen Betrag der ab dem Zeitpunkt des Beginns konstant (nur fortlaufend an allgemeines Preisniveau angepasst) bis zum 68sten Lebensalter zu zahlen ist. Die Krankenversicherungskosten müssen demnach in der Rente bzw. für die Rentenplanung nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Beiträge bei der hier vorgestellten Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit werden deutlich geringer sein, wegen der Beschränkung auf eine Mindestversorgung, weil eine deutliche Selbstbeteiligung vorgesehen ist und weil auch nur Krankheitsfälle abgedeckt werden die ein finanzielles Risiko darstellen. Das ändert aber nichts an den Gesamtkosten welche auf die Teilnehmer in Form von Eigenleistung, Selbstbeteiligung, Beiträge, Alterungsrückstellung in Summe zukommen.

Die Krankheitskosten könnten auf Grund von immer teureren neuen Behandlungsmöglichkeiten sowie vor allem steigender Lebenserwartung11 noch deutlich zunehmen... Andererseits könnte ein effizienteres Gesundheitssystem auf Grund von mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung, neue Durchbrüche in der Krebsbehandlung, preiswert gewordene Vorsorgeuntersuchungen mittels MRT und künstlicher Intelligenz und bla bla wer weiß was ... die Kosten auch deutlich senken.
Für die hier vorgestellte Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit spielt die Einschätzung der längerfristigen Zukunft keine Rolle, da die Beiträge dynamisch den Kosten der näheren Vergangenheit (in den vergangenen x Jahren eingetretenen Krankheitsfällen mit Mindestvorgabe durch einen Versicherungs-Aktuar) sowie den Bedürfnissen und der Bewilligungskultur der Gruppe entsprechen.

Artabana, ein ähnliches selbstverwaltetes Krankenversicherungssystem auf Gegenseitigkeit funktioniert12 bereits.

Spenden-System

Wieviel muss gespendet werden um den Ärmsten und Notleidensten helfen zu können?

Als Anhaltspunkt soll die staatliche Hilfe in Deutschland mit rund 82,2 Mio. Einwohnern13 für 2015 betrachtet werden.

Für "Sozialhilfe"14 wurden 36,6 Mrd. € für 3,3 Mio. Empfänger ausgegeben. Dies entsprechen Leistungen von durchschnittlich 932 €/Monat pro Bezieher bzw. Ausgaben von 37 €/Monat pro Einwohner. Etwa jeder 25te Einwohner war betroffen.

Zur "Grundsicherung für Arbeitsuchende und sonstige Arbeitsförderung"15 wurden 42,8 Mrd. € für 6,2 Mio. Empfänger (3,3 Mio. Bedarfsgemeinschaften) ausgegeben. Dies entsprechen Leistungen von durchschnittlich 571 €/Monat pro Bezieher bzw. Ausgaben von 43 €/Monat pro Einwohner. Etwa jeder 13te Einwohner war betroffen.

D.h. insgesamt erhielten knapp 12 Menschen von 100 (jeder 8,6te) eine Leistung wofür von den restlichen etwa 91 €/Monat aufzubringen wären. Dies könnte mit einem Spendensatz von erwähnten 4,6% bei einem Durchschnitts-Einkommen der Restgruppe von knapp 2.000 €/Monat erreicht werden.16

Kritiker werden sagen, dass der deutsche Staat noch weit mehr Fürsorgeleistungen aufwendet und auch diese oft zu wenig sind um ausreichend helfen zu können. Andere Kritiker werden wiederum darauf hinweisen, dass die obige Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende zu viel abdeckt und manchmal dem Anreiz zur Arbeit im Weg steht. Beides mag stimmen. Aber hier ging es nur darum, die Größenordnung abzuschätzen, um den Ärmsten und Notleidensten helfen zu können.

Entwurf zur technischen Umsetzung

Dies ist Thema eines eigenen Dokuments.

 

© FriendlySocieties.org – Version 2018-12-28


  1. Eine private Haftpflichtversicherung wird den Mitgliedern stark empfohlen oder gar gefordert, aber vom Provident Fund verm. nie selbst umgesetzt.

  2. "Homo Socialis" ist ein Netzwerk von Menschen zur gegenseitigen finanziellen Hilfe in schwierigen Lebenssituationen. Es ist ein soziales Absicherungsnetz für Notlagen auf der Basis gemeinsamer Entscheidungen sowie monatlicher Beiträge, realisiert als dezentrale autonome Organisation (www.HomoSocialis.net).

  3. Die Begriffe Deckungskapital, Schadensrückstellung, Rücklagen werden in der Literatur nicht immer einheitlich verwendet und müssen hier evtl. noch genauer definiert werden.

  4. 4,6% entspricht der durchschnittlichen jährlichen Geldentwertung in den USA (CPI-U, U.S. Bureau of Labor Statistics) zwischen dem 15. Aug 1971 als Nixon "nur vorübergehen" den letzten Schritt zur Abschaffung des Goldstandards vollstreckte und dem 9. Aug 2007, dem Beginn der so genannten "Finanz"-Krise.

  5. Z.B. bei Betrachtung der Marktbewertung Ende 2018 mittels Tobin's q od. Shiller CAPE. Der Autor erwartet bescheidene zukünftige Aktienmarktrenditen, um es sehr bescheiden auszudrücken.

  6. Nach manchen Quellen besitzt Frankreich eine Mindestrente von 777€/Monat.

  7. Angeblich das geplante Renteneintrittsalter in Irland und Lettland, gefolgt von geplanten 67 Jahren in Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Polen.

  8. Das statistische Bundesamt Wiesbaden gibt für im Jahr 2015 Geborene eine durchschnittliche Lebenserwartung von 77 Jahre und 9 Monate (Jungen) bzw. 82 Jahre und 10 Monate (Mädchen) an.

  9. Daten für 2015 vom Statistischem Bundesamt (2017), Fachserie 12, Reihe 7.2, Gesundheit - Krankheitskosten.

  10. Bzw. monatl. Brutto-Durchschnitts-Einkommen von 2.549 €, 4.694 €, 6.035 € bei Haushalten mit 1, 2, 3 Personen für 2015 laut Statistischem Bundesamt.

  11. In der Beispielrechnung ist die Lebenserwartung der in 2015 Geborenen. D.h. für die davor Geborenen hat die Steigerung der Lebenserwartung keinen Einfluss auf die Krankheitskosten.

  12. Artabana existiert in der Schweiz seit 1987 und in Deutschland seit 1999. Der Autor sieht das Fehlen einer ausdrücklichen Alterungsrückstellung als kritisch.

  13. In 2015, gem. Statistischem Bundesamt Deutschland.

  14. Aus "Sozialbericht 2017" vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Seite 242f Tabelle 37, 38.

  15. Aus "Sozialbericht 2017" vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Seite 238f Tabelle 33, 34.

  16. Das monatl. Brutto-Durchschnitts-Einkommen betrug laut Statistischem Bundesamt 2015 in Deutschland 2.549 €, 4.694 €, 6.035 € bei Haushalten mit 1, 2, 3 Personen.